Das Filmfest der jungen Szene
flimmern&rauschen, das Festival der jungen Filmszene feierte Geburtstag. Am 31. Januar und 01. Februar 2013 fand es zum 30. Mal statt und ist damit eines der ältesten Jugendfilmfestivals in Deutschland. Als 1982 das erste Jugendfilmfest über die Bühne ging wurden noch Schmalfilme gezeigt und in einem extra Block die ersten Videofilme von Jugendfilmgruppen aus München. Inzwischen sind 30 Jahre ins Land gezogen und mehr als 1500 Filme auf dem Festival vorgeführt worden. Gezeigt wurden 42 Produktionen, die das Medienzentrum München aus den zahlreichen Einsendungen für das Festival in der Muffathalle ausgewählt hat.
Mitglieder der Jury waren Diana Iljine, Leiterin des Filmfests München, Micol Krause vom DOK.fest München, der Filmregisseur Matthias Kiefersauer, Andrea Engl vom Kulturreferat München sowie Klaus Schwarzer vom Stadtjugendamt München. Die jugendlichen Vertreter der Jury waren Veronika Schönherr und Benedikt Gradl. Die Juryleitung hatte Michael Bloech vom Medienzentrum München des JFF.
Sechs Preise, drei besondere Anerkennungen und ein Publikumspreis wurden beim 30. Jugendfilmfest flimmern&rauschen am 01. Februar 2013 in der Muffathalle vergeben. Überreicht wurden sie von Prof. Dr. Bernd Schorb, dem Vorsitzenden des JFF – Institut für Medienpädagogik und von Hermann Artmaier vom Stadtjugendamt München. Die Preise gingen an Jesus Point der Filmgruppe Mystic Mill Productions, an Großer starker Bruder der Gruppe n-ten Film, an Goliathvon Ozan Mermer und Oleg Navrota sowie an Der Dritte Mann der Filmgruppe Lifespiel und an Qe skem a’malla harza der Gruppe Institut für Blattfallforschung. Der Kinderfilmpreis ging an Rettet Robert von der Klasse 1d der Grundschule an der Ostpreußenstraße. Gewinner des Publikumspreises war die Filmgruppe der Mittelschule an der Situlistraße mit dem Film Jugendliche@Lebenswelten. Außerdem gab es noch drei Besondere Anerkennungen, die an die Filme Der Zorn des Zeus der MKW Filmcrew, an Korana der Gruppe Naturfilmer und an Ein Stück München des Drehpunkt Film am Michaeli Gymnasium.
DIE JURY
Juryleitung: Michael Bloech – Medienzentrum München des JFF
Andrea Engl – Kuturreferat der LH München
Benedikt Gradl – Jugendfilmer
Diana Iljine – Leiterin Filmfest München
Matthias Kiefersauer – Regisseur
Micol Krause – DOK.fest München
Veronika Schönherr – maTz tv
Klaus Schwarzer – Stadtjugendamt/pomki.de
PROGRAMMÜBERSICHT
Donnerstag, 31.01.
Programm 1: 20.00 Uhr
Welcome to Bavaria / Weniger ist mehr / Jesus Point / Ich mag Dich nicht mehr / Gefangen im Blau / Im Auge des Betrachters / Manchmal hört es so auf, wie es begonnen hat
Programm 2: 22.00 Uhr
Kiki und die starken Männer / Wiederfleischwerdung / ARTistisch / Goliath / The Nightmare
Freitag, 01.02.
Programm 3: 09.00 Uhr (Schulklassenprogramm Grundschule)
Rettet Robert! / Die Notlüge / Lausige Träume / Einer für alle? / Die gefräßige Raupe / Der Schmetterling / Die Welt ist bunt / Pippi und die Seeräuber / Die Reise der Tiere nach Panama / Snu
Programm 4: 10.30 Uhr (Schulklassenprogramm ab Sekundarstufe 1)
Teddy / Geocaching / Ein Stück München / Jugendliche@Lebenswelten / Spring über deinen Schatten / Integration in Deutschland / BikerzZz / Die Abiturprüfung
Programm 5: 16.30 Uhr
Die drei Äpfel auf ihrer großen Reise / Kinder bringen Natur in die Stadt / Der Zorn des Zeus / Der verrückte Affe / Der dritte Mann / Vom Verstehen und verstanden werden / Meister Toni in der Werkstatt
Programm 6: 18.00 Uhr
Der Koffer / Grosser starker Bruder / Korana – Wasser, das durch Wald und Stein fließt / Die üblichen Verdächtigen / U.A.W.G. / Qe skem a’malla harza – Ich bin manchmal einsam
Preisverleihung: 20.00 Uhr
Preisträger-Programm: 21.00 Uhr
Programmheft
DIE JUGENDFILMPREISE
Jesus Point
Mystic Mill Productions
Jesus Point ist in der amerikanischen Kletterszene der Zentralpunkt, der zu 100% sicher ist. „Jesus lebt!“ klebt auf dem Brückengeländer. Von diesem Punkt aus springen immer wieder Menschen in den Tod. Doch zwei junge Männer bewachen die Brücke. Sie sind in selbstauferlegter Mission als Schutzengel unterwegs. Sie wollen Selbstmörder vom Springen abhalten. So gesehen „sammeln“ sie „Jesus Points“. Punkte dafür, dass sie in Jesus oder Gottes Augen etwas Gutes tun oder eine gute Tat verüben. Die Jury war sich einig: Ein Film, der trotz des großen Themas keine großen Worte braucht, um einen erzählerischen Sog zu entfalten. Ein Film, der eine fesselnde Atmosphäre aufbaut. Kurz: Ein Film, der einen Preis verdient.
Großer starker Bruder
n-ten Film
Einmal so sein wie der große Bruder, das wäre Florian gern. So stark, so groß, so cool. Doch manchmal sind die „Großen“ viel kindischer als die Kleinen, zum Beispiel wenn es um Streitereien in der Beziehung geht. Da ist es gut, wenn man einen großen kleinen Bruder hat, der alles wieder in Ordnung bringt. Mit viel Witz und Charme erzählt „Großer starker Bruder“ ganz echt und authentisch eine Geschichte aus dem Leben. Genau das ist es, was die Jury begeistert hat: Sympathisch, liebenswert entworfene Charaktere, die großartig gespielt sind, werden mit viel Gespür und Professionalität durch eine Geschichte geführt, die genau so überall passieren könnte. Für diese außergewöhnliche Erzählweise mit viel Liebe zum Detail und Situationskomik vergibt die Jury den Preis.
Goliath
Ozan Mermer & Oleg Navrota
Ein Junge streift durch den Dschungel der nächtlichen Straßen einer Großstadt. Er ist auf der Suche nach einer rothaarigen Frau. Denn vielleicht kann sie ihm etwas zeigen was nur Wenige ihm sonst zeigen können. Ozan Mermer und Oleg Navrota erzählen in wunderbar ästhetischen Bildern das Abenteuer eines kleinen Jungen der eine Wette laufen hat: Sind rothaarige Frauen überall rothaarig? Das ist eine wichtige und große Frage für kleine Jungs. Obwohl er besagte Stelle nicht als Beweis für seine Schulfreunde fotografieren darf, ist er trotzdem fröhlich, denn er hat eine schöne Begegnung mit einer rothaarigen Frau. Der Film über das, was einen kleinen Jungen bewegt, ist spannend, gut erzählt und hinterlässt den Zuschauer froh. Nicht bei allen guten Filmen scheint durch, was Ozan Mermer und Oleg Navrota hier in 6 Minuten beweisen: Talent! Wir wünschen Euch auf Eurem weiteren Filmweg alles, alles Gute.
Der Dritte Mann
Lifespiel
„Der Dritte Mann“ ist ein kleiner, gutgelaunter Film über die Freundschaft, die leicht verspielt, mit etwas gutem Willen aber auch leicht wiederentdeckt werden kann. Anders als im amerikanischen Original ist „Der dritte Mann“ hier keine nebulöse Bedrohung im Hintergrund, sondern jemand, der liebevoll dem Schicksal auf die Sprünge hilft und so den beiden Streithähnen den Weg in eine neue, wunderbare Freundschaft ebnet. Charmant ist das heutzutage außergewöhnliche Format des Stummfilms – es bedarf durchaus einigen Mutes, sich dafür zu entscheiden. Als eigenes Genre erfordert er eine besonders aussagekräftige Inszenierung und ausgesprochene Spielfreude. Beides hat die Gruppe „Lifespiel“ mit Leichtigkeit erfüllt. Schön, ein Projekt zu sehen, bei dem Freunde mit Lust zusammen etwas machen und es gar nicht mehr nötig haben von Inklusion zu sprechen! Die ist in dieser Gruppe nämlich offensichtlich schon ein alter Hut und ganz selbstverständlich.
Qe skem a’malla harza
Institut für Blattfallforschung
Zwei Wesen, zwei Welten: Auf der einen Seite der Leinwand sieht das Publikum einen Wissenschaftler vom Institut für Blattfallforschung, der sich – bereits in zweiter Generation – mit dem Blattsuizid beschäftigt. Auf der anderen Seite streift ein sonderbares, zotteliges Wesen durch den Wald und erzählt in einer fremden Sprache von der Einsamkeit. Das ist auf der Oberfläche skurril und dank der split-screen-Technik visuell interessant. Aber genau betrachtet ist “Qe skem a’malla harza” ein Film über die Einsamkeit. Vor allem aber ist der gefälschte Dokumentarfilm von Silke Dietrich, Tobias Rehm und Sebastian Linder ein Riesenspaß. Das Trio hat aberwitzige Kostüme gebastelt und kuriose Situationen überlegt, in die die beiden Helden der Erzählung geraten. Dabei brillieren die Macherinnen und Macher mit einem staubtrockenen Humor: Was auch immer passiert – die beiden Kauze vor der Kamera bleiben ernst. Wer eine Komödie machen will, muss seinen Film ganz unlustig angehen. “Qe skem a’malla harza” ist ein Paradebeispiel für diese Weisheit. Die Jury hat Tränen gelacht – und bedankt sich für diesen zauberhaften Film.
DER KINDERFILMPREIS
Rettet Robert
Klasse 1d der Grundschule an der Ostpreußenstraße
Den Schülerinnen und Schülern der Klasse 1d der Grundschule an der Ostpreußenstraße ist es mit diesem phantasievollen Film gelungen, uns beispielhaft zu erklären, wie Schule früher war und zudem ein ebenso spannendes wie amüsantes Märchen erzählt.
Mit Hilfe einer Zeitmaschine reisen ein paar Kinder in eine längst vergangene Zeit und schaffen es, die Lieblingspuppe einer alten Dame, die damals Schülerin war, in das Heute zurück zu bringen. Es ist zu dehen wie aktiv und fleißig hier vor und hinter der Kamera gearbeitet wurde und auch einige Klangeffekte sind gut gelungen. Die Jury war sehr vom Einfallsreichtum der Klasse beeindruckt, dabei besonders vom lebendigen Spielen und Sprechen und fand auch die Auswahl der Kostüme bis hin zu den fehlenden Schuhen sehr passend.
PUBLIKUMSPREIS
Jugendliche@Lebenswelten
Filmgruppe der Mittelschule an der Situlistraße
BESONDERE ANERKENNUNG
Der Zorn des Zeus
MKW Filmcrew
„Der Zorn des Zeus“ – wer von ihm getroffen wird, ist dem Untergang geweiht. Oder? Wer so gastfreundlich, fröhlich und kreativ ist, wie die Bewohnerinnen und Bewohner des sagenumwobenen Atlantis, dem mag vielleicht weder Zeus noch der eigene sprichwörtliche Untergang etwas anhaben. Die Kinder der MKW Filmcrew haben ihrer Phantasie freien Lauf gelassen und nicht nur dem Mythos des Untergangs von Atlantis ein Happy-Unterwasser-End verschafft, sondern auch dem allmächtigen Zeus zwei Agenten zur Seite gestellt, die sich seinen Anweisungen schlichtweg verweigern. – Ein großartiges Plädoyer, nicht alles mitzumachen, was die Mächtigen einem anschaffen und die Welt positiv zu sehen. Bereits das Storyboard, das offensichtlich der kreativen Imaginationskraft der Kindergruppe entspringt, ist charmant und innovativ. Besonders gut gefiel der Jury die Umsetzung als Knetmasse-Trickfilm, die gleichermaßen kindlich-schräg wie detailgenau ist.
Korana
Naturfilmer
Aus dem kroatischen übersetzt bedeutet KORANA Wasser, das durch Wald und Stein fließt. Michael Schranner und sein Team, die Naturfilmer, zeigen eine bildgewaltige Reise durch die Natur im Wald, im Wasser und in der Luft. Der Film ist professionell gemacht, hat einen bekannten Synchronsprecher und würde ohne weiteres bei der BBC oder DISCOVERY oder auch im Kino laufen können. So schön und professionell, dass wir uns als Jury fast gewundert haben WIE dieser Film gemacht werden konnte. Wir zeichnen hier weniger die Originalität aus, sondern die Naturfilmer erhalten den Preis für einen herausragend gemachten Film, der auch eine extreme Arbeit über lange Zeit gewesen sein muss. Falls Michael Schranner als Dokumentarfilmer weiter Naturfilme machen sollte, werden wir sicher noch viel von ihm sehen.
Ein Stück München
Drehpunkt Film am Michaeli Gymnasium
Experimentierfreudig, charmant und humorvoll wagt „Ein Stück München“ den Blick auf etwas so Alltägliches, dass wir es kaum wahrnehmen: die Trambahn und die Menschen, die sie lenken. In der Begegnung mit den wunderbar ausgewählten interviewten Personen lernen wir die Stadt aus ihrem Blickwinkel neu kennen. Der Zeitraffer der Fahrten durch die Innenstadt und der spielerische, mutige und experimentierfreudige Schnitt gleichen kleinere technische Mängel in Licht und Ton aus. Alles in allem hatte die Jury viel Freude daran, diese Menschen und ihr Arbeitsleben kennenzulernen und war sich einig, von nun an eine andere Perspektive auf dieses Stück München zu haben, vor allem beim Trambahnfahren! Für euren Mut, einen Dokumentarfilm über etwas Naheliegendes zu drehen, für das Geschick in Personenauswahl und Gesprächsführung und den Schnitt, in dem ihr euch ausprobiert habt, habt ihr eine lobende Anerkennung verdient, verbunden mit jeweils einer Dauerkarte für das DOK.fest München. Vielleicht inspirieren Euch die.
MEDIENPÄDAGOGISCHES LEBENSWERK
Michael Bloech