Preisträger*innen
Kinderfilmpreis
Tatort Schule
von 1gG Knappertsbusch GS
Tatort Schule – Nein, wir reden hier nicht über den beliebten Sonntag-Abend Krimi. Wobei die Richtung schon stimmt. Hier haben wir nicht zwei Hauptkommissare, sondern gleich eine ganze Schulklasse mit vielen fleißigen Ermittler*innen, die am Tatort „Schule“ ermittelt. Ob Mathe, Deutsch oder Englisch, diese Grundschüler*innen lassen sich nicht vom Lernen abbringen, auch nicht durch einen mysteriösen Wasserschaden in der Schule.
Der humorvolle „Krimi“ von den Grundschüler*innen der Klasse 1gG der GS Knappertsbuschstraße erzählt eine selbst entwickelte Geschichte aus dem echten Leben. Zusammen mit ihren Lehrkräften sind die Kinder nicht nur als Drehbuchautor*innen am Filmprojekt beteiligt, sondern spielen auch selbst in den Hauptrollen. Das Erstlingswerk der Schulklasse hat uns sehr beeindruckt und die Idee spricht für die herausragende Kreativität der Schüler*innen. Außerdem thematisieren sie mit ihrem Film aktuelle Geschehnisse aus ihrem Schulalltag und geben spannende Einblicke. (Jury, Marlene Henninger)
Kategorie 2:
Corombies
von Fridtjof-Nansen-Realschule
Wenn der Corona-Virus Schüler*innen in Zombies verwandelt, bleibt nichts mehr wie es war. Oder vielleicht doch?
Das ist der Ausgangspunkt eine gruseligen Corona-Zombie-Splatter-Fake-News-Mockumentary die über die schwierigen, und ja, auch blutigen Umstände des Verschwindens einiger Schüler*innen an einer Schule aufklärt.
Die Idee, das Drehbuch, Kamera, Ton, die überaus gekonnte Regie, die großartige schauspielerische Leistung aller Beteiligten bis zum sehr aufwändigen und großartigen Maskenbild – alles wurde von den Schüler*innen des Wahlfachs Film der Städtischen Fridtjof-Nansen-Realschule München selbst übernommen und gestaltet. Und das auf sehr gekonnte, beeindruckende und preiswürdige Weise!
Besonders gefallen hat uns die tolle Idee, die Corona-Pandemie und die persönlichen Erfahrungen mit Hygienekonzepten, Luftaustauschgeräten, Maskenpflicht, Abstand halten, Corona-Tests und Quarantäne kreativ zu verarbeiten und über die schwierige Zeit in einem wilden Genre-Mix zu erzählen – mit einem überraschenden Ende.
Herzlichen Glückwunsch zum Preis, vielen Dank für diesen gruselig-schönen und gelungenen Film! Und alles Gute für eure nächsten Projekte. (Jury, Monika Haas)
Kategorie 3:
Physalis Menschli
von Drehmetrie | Moritz Möhwald
Olga arbeitet in einer Physalisfabrik – so lautet ein Satz aus der Inhaltsbeschreibung. Man denkt sich: „Physalis ist doch eine Frucht.“ Doch genau hierin liegt die erzählerische Stärke dieses vierminütigen Kurzfilms von Regisseur Moritz Möhwald und seinem Team aus Freunden und Mitstreitern des Drehmetrie Kollektivs. Der Film enthält Widersprüche, Phantasie, Überspitzung, Gleichnisse und Andeutungen. In einer Zeit, in der das Internet mit Kurzfilmen überschwemmt wird, die ein Voice Over mit schönen Bildern illustrieren und uns sagen, was wir zu denken und zu fühlen haben, arbeitet dieser Kurzfilm anders. Der Zuschauende wird sehr schnell in diese surreale Welt gezogen. Er muss sich selbst zurechtfinden und seinen eigenen Standpunkt beziehen, um zu fühlen und zu denken. Obwohl alles surreal und seltsam ist, erkennen wir Dinge wieder und fühlen uns an Erlebtes als Gleichnis erinnert. Das mögen wir Zuschauer*innen. Das ist eine der ältesten Traditionen des filmischen und fiktiven Erzählens, besonders wenn es mit einem Augenzwinkern und einem schelmischen Lächeln erfolgt. Die Reduktion und Abstraktion sind ebenfalls Stärken des Films. Dem Regisseur und seinem Team gelingt es, mit einfachsten und überraschenden Mitteln, eine fiktive Welt zu erschaffen. Das ist mutig. Der filmische Raum und die Einheit des Ortes sind wohl gewählt und gut genutzt für diese Geschichte. Ein kleiner Ausflug in eine andere Welt, der uns mit Fragen und Gedanken zurücklässt. (Jury, Hagen Keller)
Kategorie 4:
Totgeschwiegen
von Holy Picture Machine
Der Kurzfilm „Totgeschwiegen“ von Holy Picture Machine wirft den Zuschauenden unvermittelt in den Beziehungsalltag eines jungen Pärchens. In blassen und fahlen Bildern erleben wir die distanzierte, schmerzhafte Dokumentation einer gescheiterten Beziehung. Ein Paar das sich auseinandergelebt hat und sich mit Szenen aus seiner Vergangenheit oder ein (vielleicht) kommenden Zukunft konfrontiert sieht. Was hier Realität ist und was nur eine Vorstellung, verschweigt uns der Film. Die Handlung selbst ist nur eine schemenhafte Andeutung.
Auf der Geschichte selbst liegt allerdings nicht der offensichtliche Fokus. Auch ist sie nicht der offensichtliche Hauptgrund, warum der Film die Jury so nachhaltig beeindruckt hat. Dialoge gibt es nicht. Sie sind auch nicht nötig, da Blicke oft mehr sagen als Worte. Eine freudlose Tristesse in Schwarz-Weiß, die keine Dialoge bedarf. Nicht der Dialog oder das Thema interessiert, sondern das audiovisuelle Arrangement. Die optische Analyse einer erkalteten Beziehung ist präzise in ihrer Auswahl an Situationen und mutig in ihrer Herangehensweise. Der Ansatz ist ein erfrischend anderer und die künstlerische, vom Arthouse beeinflusste und inspirierte, ästhetik trägt ihren Teil dazu bei „Totgeschwiegen“ aus der Masse ähnlich gelagerter Filme hervorzuheben.
In all seiner Statik und Stilisierung schafft es „Totgeschwiegen“ allerdings auch in beeindruckender Weise nicht selbstverliebt oder selbstreferentiell zu erscheinen, sondern jedem Bild eine Bedeutung beizumessen. Eine starke Ästhetik trifft auf aussagekräftige Stilmittel. All die guten Gedanken und super Ideen, die hier ein stimmiges und geschlossenes Ganzes ergeben haben die Jury davon überzeugt den Film von Holy Picture Machine mit einem „flimmern&rauschen“ Filmpreis 2023 auszuzeichnen. (Jury, Volker Dietl)
Kategorie 5:
Die Telefonzelle
von Kilian Bohnensack & Lukas März
Wer kennt das nicht? Die Suche nach einer Location für eine Geburtstagsfeier. Im Film „Die Telefonzelle“ hat der Gastgeber Tom das Pech, dass er mit seiner Partygesellschaft in einer Telefonzelle landet. Aber er will unbedingt seine beste Freundin Anna, in die er auch verliebt ist, mit einer Überraschungsparty zu ihrem Geburtstag beeindrucken und lässt sich auf den Deal ein. Der Abend verläuft anders als erhofft…
Der Regisseur Julian Bohnensack nennt ‚Die Telefonzelle‘ einen „Film über große Ambitionen in engen Räumen“. Er beschreibt den Zusammenprall von großen Träumen und einer Realität, die oftmals geprägt ist von absurden, kaum nachvollziehbaren Regeln und Beschränkungen. Aber der Film macht Mut und zeigt uns, dass es sich trotzdem lohnt zu träumen, denn auch aus den „engsten Räumen kann ein Palast werden“. Der Film von Julian Bohnensack (Regie) und Lukas März (Autor und Co-Regie) ist locker, leicht und absurd komisch. Hier stimmt einfach alles, Drehbuch, Regie, Kamera, Schnitt, Ausstattung, Licht, Musik und vor allem die großartigen Darsteller*innen. Wir leiden mit Tom bis zur letzten Minute und wünschen ihm, dass er weiterhin so engagiert für seine Träume kämpft! Herzlichen Glückwunsch Kilian Bohnensack, Lukas März und dem gesamten Telefonzellen-Team für den Preis in der Kategorie ‚Junge Professionelle‘! (Jury, Katharina Henrichs)
Sonderthema Held*innen:
Hinter verschlossenen Türen
von Masha Mollenhauer
„Hinter verschlossenen Türen“ ist ein einfühlsamer und sehr visuell erzählter Kurzfilm, der sich mit einem Problem unserer Gesellschaft auseinandersetzt, über das wenig gesprochen wird, das jedoch allgegenwärtig ist: die Pflege kranker Eltern zu Hause durch ihre Kinder.
Die junge Tänzerin Paula pflegt ihre an Parkinson erkrankte Mutter. Beide verheimlichen einander, wie schwierig die Situation geworden ist. Es ist eine bemerkenswerte Leistung, eine so kleine Szenenauswahl und die dazugehörigen Bilder zu finden, um dieses komplexe Thema in einem Kurzfilm anzusprechen und die Zuschauer emotional zu erreichen. Ohne viele Worte verstehen wir, wie sehr die Protagonistin leidet – wie ihre persönlichen Wünsche und Gefühle, ihr eigenes Leben leben zu wollen, ständig im Konflikt mit der Liebe zur Mutter und der Verantwortung für die Situation stehen. Manchmal denken wir, warum sprechen sie nicht darüber, aber wir wissen nicht, ob wir es selbst gekonnt hätten.
Die Regisseurin Masha Mollenhauer und der Bildgestalter Noah Böhm ziehen uns mit ihrer Art, uns in scheinbar kleinen Momenten in diese Geschichte zu ziehen, in ihren Bann. Wir sind nah dran, ohne voyeuristisch zu sein. Wir sehen Dinge, ohne dass sie uns gezeigt werden. Wir verstehen, ohne dass uns jemand etwas erklärt. Das ist filmisches Erzählen. Dies und die intensive schauspielerische Leistung der beiden Protagonistinnen sind der Grund, warum wir uns in kurzen Momenten fragen, wie wir gehandelt hätten, oder wir ertappen uns dabei, dass wir an unsere eigene Familie und die kommenden Jahre denken. (Jury, Jagen Keller)
Besondere Anerkennung (Kat. 3):
Ein Tag im Himmel
von Team ETIH
„Ein Tag im Himmel“ ist ein kurzer, intensiver Einblick in das Leben einer Suchtkranken. Oder einer Jugendlichen, die es werden könnte. Oder einer Jugendlichen, die dem Teufelskreis entgeht, bevor sie ihn beschreitet. Mit einem klar terminierten Anfang und einer wie auch immer gearteten Auflösung geizt der Film. Ebenso vermeidet er bewusst eine stringente Handlung oder eine klassische Spannungskurve. Kurze Schlaglichter des Alltags, der durchzechten Nächte, der Familienkonflikte und der immer im Hintergrund schwelenden Erkenntnis, dass die Suchtspirale sich langsam aber sicher immer weiter zu drehen beginnt, überlassen es dem Zuschauer selbst, Schlussfolgerungen zu ziehen. Und genau das macht die Aussage von „Ein Tag im Himmel“ auf wundersame Weise stärker, mitreißender und…unangenehmer. Hier im besten Sinne. Ein kurzer Blick, ein vielleicht zufällig gewählter Tag, das Fragment eines jungen Lebens und einer Lebenswelt.
Inhaltlich eindringlich, stilistisch unaufdringlich und doch treffend. Ästhetisch gefilmt und von den Schauspieler*innen überragend transportiert, saugt der Film in seiner Behandlung des Themas den Zeitgeist hervorragend auf. Die Jury vergibt einstimmig und einhellig eine besondere Anerkennung. Gewünscht hätten wir uns, wiederum einstimmig und einhellig, eine etwas attraktivere Anfangssequenz, da sie in dieser Form nicht auf die bestechende Qualität der folgenden 9 Minuten schließen lässt. Trotz dieser erwähnten Schwäche beweist Team ETIH mit ihrem Film „Ein Tag im Himmel“, dass sie alle Wekzeuge für einen guten Film besitzen und wir freuen uns darauf, im nächsten Jahr ein neues Werk der Truppe um Zoe Kucknat begutachten zu dürfen. (Jury, Volker Dietl)
Besondere Anerkennung (Kat. 4):
Olympic Women
von Filmteam Olympic Women
In diesem Dokumentarfilm zeigt uns Paula Buchta, gemeinsam mit ihrem Filmteam Olympic Women, die aktuellen und immer wiederkehrenden Probleme, denen sich Frauen im Spitzensport ausgesetzt sehen. Die Protagonistinnen bestehen aus ehemaligen und aktiven Kunstturnerinnen, welche uns mit in die spannende Welt des Leistungssports nehmen. Starke Bilder und atmosphärische Interviews lassen uns den Trainingsalltag sowie den Kampf und Wettbewerb zwischen Männern und Frauen im Kunstturnen erleben.
Dieser Film spricht Themen an, welche viel zu selten diskutiert und kommuniziert werden. Deshalb ist eine besondere Anerkennung für dieses Projekt wirklich verdient! (Jury, Marlene Henninger)