Preisträgerfilme 2025

Kinderfilmpreis

Psychomörder im Doppelpack

von Feriengruppe Herbst Kinderkino München

Bei dem Film „Psychomörder im Doppelpack“ geht es ziemlich gruselig zu. Ein Kind sieht an Halloween in den Nachrichten die Meldung über die Flucht von Gustav G., dem irren Killer, aus der Psychiatrie. Die Mutter des Kindes, Frau Dr. Mönke ist die behandelnde Ärztin des Killers und auf die hat Gustav G. es abgesehen. Er will sie töten. Es folgt ein düster-amüsantes Spektakel.
Dieser Silhouetten-Trickfilm ist nach dem Vorbild der Künstlerin Lotte Reiniger im Rahmen eines Ferien-Workshops entstanden. Mit Papier, feiner Schere und Drahtscharnieren gestalten die Kinder bewegliche Figuren zu einer selbsterdachten Geschichte. Diese werden dann auf dem von unten beleuchteten Tricktisch in kleinen Einzelschritten animiert und fotografiert. Am Computer entsteht durch die schnelle Abfolge der Einzelbilder der Film.
Für die aufwendige Gestaltung so eines Silhouetten Films brauchen die Kinder nicht nur Fantasie, sondern auch Geduld, Konzentration, handwerkliches Geschick und Kompetenzen im Umgang mit der Medientechnik.
Die Kinder beschäftigen sich in ihrer Erzählung mit Gewalt, Tod und Verlust. Das sind tiefe Ängste, die auch in kindlichen Lebenswelten gegenwärtig sind. Sich mutig diesen Ängsten zu stellen und sie zu überwinden ist nicht nur eine Aufgabe für Superheld*innen sondern auch für Kinder in ihrem ganz normalen Alltag.
Besonders beeindruckend fand die Jury, dass wir die Geschehnisse auf zwei Ebenen verfolgen. Wir sehen was passiert und gleichzeitig die Berichterstattung darüber in den Medien. Das ist ein richtig kluges Drehbuch, außerdem sehr kreativ und optisch überzeugend umgesetzt.
Herzlichen Glückwunsch an die Kinder Matthis, Alessa, Vladimir, Mia, Kaleo, Joscha, Nick und Josef, dem Kinderkino München e.V. und der Medienwirkstatt: Sonja und Maike Wessel für den Preis in der Kategorie Kinderfilm!

Kategorie 2

Don’t drop the ball – Alles deine Schuld

von don’t drop the ball

Sport – von manchen gehasst, von anderen geliebt. In DON’T DROP THE BALL – ALLES DEINE SCHULD werfen vier Spielerinnen einer Basketballmannschaft mit sehr viel Freude, Leidenschaft und noch mehr Ehrgeiz Körbe – angeleitet von einer sehr engagierten und sehr strengen Trainerin. Am nächsten Tag geht es um alles: ein Coach kommt um eine der vier – die Beste! – für die Mannschaft in einer höheren Liga auszuwählen.
Was passiert, wenn aus Teamkolleginnen plötzlich Konkurrentinnen, wenn Ehrgeiz und Leistungsdruck zu groß werden? Davon erzählt des All-Stars-Team vor und hinter der Kamera auf sehr beeindruckende Weise, mit gekonnt eingesetzten filmischen Mitteln: ein stimmiges Drehbuch, eine tolle Kamera und ein perfekter Schnitt, Zeitlupe und Rückblenden, gute Schauspieler*innen – und einem unerwarteten Plot-Twist am Ende. Kurz: er hat alles, was einen richtig guten Film ausmacht.
Frauen im Sport, Leistungsdruck, Konkurrenzkampf und Doping – das Filmteam hat sich wirklich sehr viel vorgenommen. Umso beeindruckender daher, dass der Film in nur fünf Tagen im Rahmen eines Ferienkurses entstanden ist, dass die Filmemacherinnen weder in Berlin noch in Hollywood wohnen und auch keine Filmhochschule besucht haben, sondern das sind, was man Amateuerfilmemacher*innen nennt. Noch! Wir hoffen es oder sind eigentlich überzeugt: das wird nicht euer letzter Film bleiben.
Ein Kompliment an das gesamte Team für den so gelungenen Film, herzlichen Glückwunsch zum Preis, und alles Gute für eure nächsten Projekte.

Kategorie 3

Sophie

von David Salabè, Manuel Schneegass und Henry Wiedenfeld

Häufig sind es die unscheinbarsten Dinge, die große Geschichten erzählen könnten. In unserem Fall ist es ein rostiger Zaun am Münchner Ostbahnhof mit einer bewegenden Vergangenheit.
Dort verabschiedete sich einst Sophie Scholl von ihren Brüdern und Freunden, bevor diese an die Front zogen. Nun musste dieser unauffällige Zaun einem modernen Bauvorhaben weichen.
Im Film Sophie wird dieser Zaun zum Ausgangspunkt einer Begegnung zweier Menschen, in der die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart spürbar wird. Ohne ein einziges Wort zu verlieren, macht der Film auf das Verblassen historischer Spuren aufmerksam und unterstreicht die Bedeutung des Erinnerns in einer sich wandelnden Welt.
Ein besonderes Lob gebührt der Kameraführung, die mit dokumentarischem Gespür für Licht und Perspektive die Architektur als Spiegel der Zeit inszeniert.
Wir gratulieren dem gesamten Filmbuffs-Team hinter Sophie zu diesem außergewöhnlichen Werk und verleihen euch den Jury-Preis in der Kategorie 3 (17- bis 21-Jährige).

Kategorie 4

Lost

von Veronika Havrykova

LOST ist ein berührender Kurzfilm, der wie selbstverständlich zwischen den Welten gleitet: Wenn die Protagonistin in der Rahmenhandlung mit ihrem Taxifahrer niedergeschlagen über die alltägliche LGBTQ+-Feindlichkeit philosophiert, dominiert das kalte Dröhnen der Motorgeräusche. Doch sobald wir in ihren Erinnerungen schwelgen und sie mit ihrer Ex-Freundin verliebt intime Momente genießt, wird alles sehr sanft.
Dass der Regisseurin das Thema sehr am Herzen liegt, ist dabei permanent zu spüren. Es werden unverblümt schwere Fragen gestellt, wie etwa „Kann es jemals Wert sein, sich selbst aufzugeben, nur um anderen zu gefallen?“ Und durch die beiden einfühlsam gespielten Figuren unterschiedlichen Alters wird der damit verstrickte Generationenkonflikt ebenso sehr natürlich thematisiert.
Nicht zuletzt ist auch die großartige Kameraarbeit mit gekonntem Framing schöner Bilder und der selbstbewusste Schnitt dafür mitverantwortlich, dass das Geschehen immer ein exzellentes Timing hat, dessen 17 Minuten niemals langweilen oder hetzen. Daraus ergibt sich eine feinfühlige Fabel über Liebe und Hass, irgendwo zwischen Melancholie und Hoffnung, die lange im Gedächtnis bleibt.

Kategorie 5

Neun Tage im August

von Ella Knorz & Team

NEUN TAGE IM AUGUST ist der filmische Versuch, zu der „rohen, intuitiven“, laienhaft beseelten Stimme zurückzufinden, die im Laufe eines Filmstudiums verschütt gehen kann – unter den tausend Regeln, deren Kenntnis den Amateur vom Profi scheidet. Und auch, wenn man diesem Kurzfilm ansieht, dass da zweifellos ein Profi am Werk war, schafft sich die besagte Stimme vehement Gehör.
Sie spricht allem voran aus einer eigenwillig instinktiven Strukturierung filmischer Zeit, sprich einem untrüglichen Gespür für den Rhythmus, der die einzelnen, durchweg kunstfertigen Elemente dieses Films leichtfüßig zusammenführt und als ein großes Ganzes trägt: Die hochgradig sensible Kameraarbeit, die ebenso wie das Kreisformat nie Selbstzweck, immer Verdichtung des Sichtbaren ist; das Drehbuch, das die Komplexität innerer Vorgänge und gesellschaftlicher Missstände nicht ausbuchstabiert, sondern auf das souveräne Echo einer leisen Andeutung vertraut; sowie das grandios lakonische Schauspiel der beiden Hauptdarstellerinnen, welche die Gefühlsschaukel von unentrinnbarer Einsamkeit zu tieffreundschaftlicher Verbundenheit schon mit knappen Gesten, kurzen Blicken, ins Wanken bringen.
Das Bemerkenswerteste aber, was diesem Film gelingt, ist es am Ende vielleicht, lebensbejahend zu sein bei einem Thema, das nicht selten als Lebensverneinung aufgefasst wird. Es wird hier von keinem generellen Nein zu neuem Leben erzählt, wenngleich es ein entschiedenes Jetzt-Nicht ist; es ist vielmehr ein „Bis später“, wie es die Protagonistin in der letzten Filmszene selbst formuliert, als sie das, was hätte Leben werden können, aber eben nicht werden sollen, in der Toilette herunterspült.
NEUN TAGE IM AUGUST ist ein schöner Film, auch, weil er eine Abtreibung ungeschönt erzählt.

Ananas.mp4

von Drehmetrie

Viel braucht es anscheinend nicht, um eine Geschichte zu erzählen, die gleichermaßen witzig und – für alle, die sich schon in ähnlichen Situationen befunden haben – vernichtend ist. Vier Atzen, eine Cam. In Ananas.mp4 sucht Peddy das perfekte Geschenk für seine Freundin. Diese Suche zeichnet er mit einem einfachen Camcorder auf und filmt so, scheinbar aus Versehen das vermeintliche Ende seiner Beziehung. Gerade durch die Nutzung eines üblichen Camcorders, wird dem Film eine außergewöhnliche Authentizität verliehen, da die Distanz zwischen Publikum und Figuren beinahe vollkommen verschwindet. Gerade die Figuren zeigen in allen Aspekten eine Natürlichkeit und Menschlichkeit, wie man sie nur selten zu sehen bekommt. Die Darstellung des Protagonisten Peddy ist eine perfekte Studie der Probleme, die viele junge Männer mit dem Auseinandersetzen und der Kommunikation ihrer eigenen Gefühle haben. Aber in den sehr awkwarden Gesprächen mit seinem kameraführenden Freund, schafft es Peddy doch sich zu öffnen und seine gescheiterte Beziehung besser zu verarbeiten. Formal, aber auch inhaltlich, zeichnet sich Ananas.mp4 durch seine Einfachheit aus; deswegen ist es sehr einfach Ananas.mp4 mit dem geteilten Preis in Kategorie 5 auszuzeichnen.

Sonderthema Gerechtigkeit

Rote Wurzeln

von Ina Chi

Mit ihrem Dokumentarfilm ROTE WURZELN habe die Filmemacherin Ina Chi eine Seite Chinas zeigen wollen, die in der westlichen Wahrnehmung häufig übersehen werde, sie wollte „abseits von Schlagzeilen über Politik oder Umweltprobleme […] Menschlichkeit, Kultur und Individualität sichtbar machen […].“ Und gerade, weil es ihre Familiengeschichte ist, der sie im Film nachgeht, umgeht sie die behauptete Objektivierung, mit der sich solch ambitionierte Unterfangen nicht selten brüsten, und besticht filmisch indessen mit ihrer betont subjektiven Sicht auf die Dorfbewohner, mit ihren sehr persönlichen Eindrücken des Lebens in einem chinesischen Dorf.

Dabei gelingt ihr der dokumentarische Drahtseilakt, einen respektvollen Abstand zu allen Gefilmten zu wahren, und in gleichem Maße nah genug am Menschen zu sein, dass dessen Persönlichkeit facettenreich zum Vorschein kommt. Mit derselben Ausbalancierung entlockt sie der sogenannten Einfachheit des Dorflebens die ihm ureigene Schönheit, ohne dabei je die dortige Armut zu glorifizieren. Es spricht eine menschliche Qualität, eine innere Reife und Besonnenheit, aus diesem Film, die man sich zum Vorbild machen möchte.

Dieser Film ist ein Akt der Gerechtigkeit, weil er ein Akt der Sichtbarkeit ist: Ina Chi macht sichtbar, was nicht unsichtbar sein sollte – die Lebensgeschichten, die sich hinter einem Familiennamen verbergen, die Menschen, die ein Volk ausmachen, das Individuum hinter einer Nation, und, im wörtlichen wie übertragenen Sinne, die vielen Gesichter eines Landes.

Besondere Anerkennung (Kategorie 2)

Together

von 180°

Sich vor die Kamera zu stellen und einen Song zu performen ist nicht ohne! Die Band 180° verdient schon dafür unsere Anerkennung. Ihr Musikvideo zeichnet sich sowohl durch musikalische als auch filmische Experimentierfreudigkeit aus. Sei es der eingängliche Sound des selbst geschriebenen Songs, der Einbau dokumentarischer Bilder, oder der Einsatz von Stop-Motion Animationen. Man sieht, dass die Gruppe 180° ihre Vision einer erstrebenswerten Zukunft, hier mit allen möglichen Mitteln zum Ausdruck bringt. Eine Zukunft, die erreicht werden kann, wenn wir gemeinsam daran arbeiten. Aber zusammen geht es nicht nur in die Zukunft. Auch dieses Projekt wurde von allen Mitgliedern der Band gemeinsam realisiert. Für diese außerordentliche Teamleistung und einen Song, der uns die Schwere der Klimakatastrophe, aus der Sicht, der womöglich am meisten betroffenen Generation zeigt, es aber gleichzeitig schafft uns optimistisch zu stimmen, verdient das Musikvideo zu „Together“ und die Band 180° unsere besondere Anerkennung.

Besondere Anerkennung (Sonderthema Gerechtigkeit)

Don Juicy

von Juicy Team

Was als leichtfüßige Komödie mit Slapstick und ausgefallenen Hauptfiguren beginnt, lässt einem das Lachen schnell im Hals stecken bleiben: Der lateinamerikanische Jorge und Sohn Emil werden auf der Geburtstagsparty des Chefs spontan in stereotype Leinenhemden gesteckt, zu Kellnern degradiert und mit moralischer Selbstinszenierung und „positivem“ Rassismus bombardiert.
Doch zeitgleich sorgt eine höchst dynamische Kamera und lebhafte Erzählweise dafür, dass der Film sich nie in trostlosem Selbstmitleid verliert – im Gegenteil: Man wechselt einfach problemlos erneut das Genre und findet sich plötzlich in einem satirischen Horror-Fiebertraum wieder.
Im Mittelpunkt steht dabei immer ein, manchmal unlösbar erscheinender, Generationenkonflikt: Sollte man sich für den eigenen Lebensunterhalt der kulturellen Aneignung und dem Tokenismus hingeben, oder ist die eigene Würde letztendlich kein Geld der Welt wert?
DON JUICY gelingt der unkonventionelle, scharfsinnige Blick auf (post-)migrantische Schwierigkeiten – mal ungeschminkt realistisch, mal kurios überspitzt, aber immer höchst menschlich.
Aus diesem Grund geht die besondere Anerkennung zum Thema Gerechtigkeit an das gesamte Filmteam hinter DON JUICY.

Publikumspreis

Flügge

von WILLIT GRAIN