Eröffnungsrede

Eröffnungsrede 30. Mittelfränkisches Jugendfilmfestival
Jessica Marcus, Vorsitzende Kreisjugendring Nürnberg-Stadt

Es gilt das gesprochene Wort. 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Jugendliche,

Das Jugendfilmfestival feiert in diesem Jahr einen runden Geburtstag. Seit mittlerweile 30 Jahren findet das Festival jährlich statt. Seit 30 Jahren gibt es jährlich zahlreiche junge Künstlerinnen und Künstler, die das Publikum mit ihren gelungenen Produktionen begeistern. 2018 ist der Austragungsort das Cinecittà – eines der größten Kinos in Nürnberg, zentral gelegen und über die Stadtgrenzen hinaus bekannt.

Das war nicht immer so. Die ersten Jahre fand das Jugendfilmfestival in Jugendhäusern wie dem Quibble des Kreisjugendring Nürnberg-Stadt statt. Noch in – im Vergleich – sehr kleinem Rahmen, beurteilten eine Jugend- und Fachjury die Beiträge. Damals gab es neben der Kategorie „Film“ zusätzlich noch die Kategorie „Dia“, in der das beste Dia-Bild prämiert wurde. Da die damalige Jugendjury die Beiträge während dem Festival sichtete, ist der Ausdruck „viereckige Augen“ wahrscheinlich noch eine Untertreibung für die Jurymitglieder, die eine körperliche und geistige Höchstleistung vollbringen mussten, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Auch wurde mir von Zeitzeugen berichtet, dass sich die Preisverleihung am letzten Tag das ein oder andere Mal verzögerte, da die Jugendlichen die Entscheidung über die Preisträgerinnen und Preisträger noch nicht abschließend fällen konnten.

Im Anschluss an das 10. Jugendfilmfestival kam eine große Neuerung: die vorher separat stattfindenden Formate „Mittelfränkische JUFINALE“ und „Nürnberger Jugendfilmfestival“ fanden zueinander und beschlossen, ab dem 11. Jahr den Wettbewerb gemeinsam auszuschreiben. Damit wuchs das Jugendfilmfestival abrupt und wurde nicht nur größer, sondern auch auf einen Schlag professioneller. 1998 waren der Veranstaltungsort erstmals die Rio Kinos Nürnberg. Eine damals bewusste inhaltliche Entscheidung, den Werken künftig auch den entsprechenden cineastischen Rahmen einzuräumen und eine bedeutende Entwicklung weg von den Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit, hin zum tatsächlichen Kinoerlebnis. Und wer von den jungen Filmemacherinnen und Filmemachern träumt nicht davon, dass seine Produktion einmal auf einer echten Kinoleinwand bewundert werden kann? Lange Rede, kurzer Sinn: mit dem Umzug ins Kino nahm gleichzeitig auch das Interesse am Jugendfilmfestival zu. Das ist sowohl an der wachsenden Einsendungszahl als auch am gesteigerten öffentlichen Interesse abzulesen.

Damals noch mit – aus heutiger Sicht – fast schon antiquierter Technik, engagierten sich von Jahr zu Jahr immer mehr Jugendliche im Bereich Film. In den 1990ern stachen bildqualitativ noch die Einsendungen hervor, die mit der modernen Super-VHS-Technik aufgenommen wurden. Mit – im Vergleich zu heute – sehr großen und schweren Videokameras mit separatem Rekorderteil, war ein Videodreh mit ganz anderen Schwierigkeiten konfrontiert, als das heute der Fall ist. Das Filmmaterial war analog auf Videokassetten gespeichert. So war es für die Kameramänner und -frauen eine zusätzliche Hürde, ein qualitativ hochwertiges Endprodukt zu erstellen. Das Schneiden musste durch das Kopieren einzelner, ausgewählter Szenen auf das letztendliche Masterband erfolgen, von dem auch nur mit erneutem Kopiervorgang Zweit- und Drittexemplare entstehen konnten. Im Prinzip soweit kein Problem, aber jeder neue Kopiervorgang führte zu einem weiteren Qualitätsverlust.

Nicht nur die Veranstaltung Jugendfilmfestival an sich hat sich weiterentwickelt, sondern ganz massiv ebenfalls die Technik. Statt Videokassetten und klobigen Kameras, hat die digitale Technik Einzug erhalten. Die Kameras sind kleiner und leichter geworden und wenn man bedenkt, dass auch schon komplette Filme mit dem Smartphone gedreht wurden, auch nicht mehr in allen Bereichen zwingend erforderlich. HD, FullHD oder 4K sind die neuen Auflösungsformate und bieten dem Publikum ein neues Seherlebnis. Die Filmemacherinnen und Filmemacher haben eine Vielzahl an Möglichkeiten dazubekommen. Allerdings nimmt die digital-technische Anforderung ebenfalls zu. Wer sich gegen die Automatik-Einstellung entscheidet, muss zwischen verschiedensten detaillierten Einstellungen auswählen und die passende Brennweite, den passsenden Fokus, Weißableich, Blendenöffnung usw. für die jeweilige Filmszene finden.

Die Digitalisierung hat unser Leben neben dem künstlerischen Bereich auch auf gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Ebene verändert. Ein Großteil der Menschen (mich im Übrigen eingeschlossen), geht nicht mehr ohne sein Smartphone aus dem Haus. Jeder ist überall für jeden erreichbar und der gläserne Mensch ist – wenn man sich die Datenschutzrichtlinien von beispielsweise Alexa oder WhatsApp anschaut – wahrscheinlich noch eine Untertreibung. Wer von Ihnen hat zum Beispiel gerade schon in den sozialen Medien gepostet, dass er heute Abend beim Jugendfilmfestival teilnimmt?

Die Digitalisierung bietet zahlreiche Möglichkeiten, aber auch Gefahren für den unbedarften User. Daher sehe ich es als unsere Aufgabe, frühzeitig im Bereich der Medienerziehung anzusetzen und bereits ab dem Kindesalter Medienkompetenz zu vermitteln und zu stärken. Der erhobene Zeigefinger ist der falsche Weg. Medien sind ein Teil unseres Lebens und auch ein – meiner Meinung nach – selbstverständlicher Teil im Leben unserer Kinder und Jugendlichen. Eine massive mediale Auf- und Nachrüstung an den Schulen ist zwingend erforderlich. Entsprechende Planungen sind zumindest in Nürnberg schon vorhanden. Mehr Technik in Bildungseinrichtungen alleine reicht jedoch nicht aus. Medienpädagogik muss ein verpflichtender Baustein in der Ausbildung und im Studium sozialer Berufe und im Lehramtsstudium werden. Wenn ich mich an meine Schulzeit zurückerinnere: die Masse der Lehrkräfte konnte oder wollte uns Schülerinnen und Schülern wenig über Technik vermitteln. Bisweilen leider sogar nur, wie man die Laptop-Beamer-Einheit NICHT zum Laufen bekommt. Wir haben hier in Mittelfranken eine gute Ausgangssituation mit einer kompetenten Medienfachberatung, die zielgruppen- und altersgerecht mediale Grundlagen vermitteln kann. Wir brauchen jedoch noch viel mehr gut ausgebildete Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrkräfte.

2018 gab es mit 123 Einreichungen schon zum wiederholten Mal einen neuen Rekord beim Jugendfilmfestival: noch nie zuvor nahmen so viele Filmproduktionen an dem Wettbewerb teil. 123 Filmgruppen oder Einzelpersonen hatten großartige Ideen und die nötige Ausdauer sowie Medienkompetenz, das Ganze dann filmerisch ansprechend umzusetzen. Die Beiträge, die uns an diesem Wochenende erwarten, könnten kaum vielfältiger sein: von Musikvideos bis hin zu Filmclips über gesellschaftspolitische Themen, bietet das 30. Jugendfilmfestival einen bunten Mix aus den Genres.

Sehr freue ich mich auch über den Workshop-Teil am Samstag, der den jungen Erwachsenen die Chance bietet, sich neue Kenntnisse anzueignen und mit anderen Filmemacherinnen und Filmemachern in den Austausch zu gehen. Hier ist für alle Interessierten etwas dabei: Neulinge im Bereich Film können die Grundlagen des Videodrehs lernen und Erfahrene ihr Know-how rund um die Maskenbildnerei mit praktischen Übungen verbessern.

Mit dem Webvideoblock trifft das Jugendfilmfestival genau den Puls der Zeit. Immerhin nutzen laut der JIM-Studie 88% der 12- bis 19-jährigen mindestens mehrmals pro Woche Plattformen wie YouTube. 63% sogar täglich. Und sage und schreibe 69% der befragten Jugendlichen nennen YouTube als ihr liebstes Internetangebot.

Ein Jugendlicher, 8. Klasse Gymnasium, hat mir neulich hilfesuchend von seinem Thema für die mündliche Französisch-Schulaufgabe erzählt: eine Woche ohne Fernseher. Fernseher? Den würde er doch ohnehin nie benutzen. Solange er sein Smartphone und sein Tablet – selbstverständlich mit Internetzugang – hätte, wäre das für ihn vollkommen belanglos. Normales Fernsehen sei für ihn und seine Klasse kein Thema. Und wer regelmäßig in Nürnberg die laut! Jugendversammlungen besucht weiß: eines der größten Themen der letzten Jahre ist auch hier der Wunsch der Jugendlichen nach flächendeckendem freien W-LAN.

Das weiterhin wachsende Interesse am Jugendfilmfestival zeigt nicht nur, dass wir in Mittelfranken jede Menge begabte junge Künstlerinnen und Künstler haben. Es zeigt auch, dass wir im Bereich Medien schon seit 30 Jahren eine gelungene Plattform haben, die – mit der wachsenden Bedeutung der Medien und im Zuge der Digitalisierung – verdientermaßen ebenfalls wächst. Und nach 30 Jahren Jugendfilmfestival wirkt dies im Vergleich zu anderen Formaten keineswegs angestaubt und überholt, sondern im Gegenteil: seit 30 Jahren ist dieses Festival inhaltlich voll auf der Höhe der Zeit. Das bedarf von Zeit zu Zeit inhaltlichen Anpassungen – so gibt es statt der Prämierung des besten Dias nun einen Webvideopreis.

Die besten Filme erhalten die Möglichkeit, beim bayerischen Kinder- und Jugendfilmfestival teilzunehmen, das von 21. bis 24. Juni in Roth stattfinden wird und dessen Höhepunkt die Vergabe der Kinder- und Jugendfilmpreise des Bayerischen Ministerpräsidenten sein wird.

Ich freue mich auf die großartigen Filme und Clips an diesem Wochenende und bin gespannt, wer am Sonntag vom diesjährigen Schirmherren, dem Bezirkstagspräsidenten Richard Bartsch, einen der begehrten Lobos überreicht bekommt. Sicher keine leichte Aufgabe für die Jury aus so vielen gelungenen Beiträgen auszuwählen.

Ich wünsche uns allen ein unterhaltsames 30. Jugendfilmfestival und drücke allen jungen Künstlerinnen und Künstlern die Daumen für einen Lobo!